Predigten
Johannes Hilliges: Predigttext vom 08.03.2020
„Jesus Christus spricht: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.“ (Matthäus 16,24 – Monatsspruch März)
„Kreuzesnachfolge“ II
„Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, dazu auch sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.“ (Luk. 14, 26.27)
Am vergangenen So. sahen wir, dass Jesus Mitstreiter sucht, die mit ihm das Reich Gottes verkündigen. Dazu ruft er in die Nachfolge. Und eine Voraussetzung dafür ist die Selbstverleugnung – darum soll es heute gehen.
Sich selbst verleugnen – das bedeutet in diesem Sinne also, sich selbst in den Dienst einer größeren Sache als das eigene kleine Leben zu stellen. (Parabel von den 2 Backsteinen)
Wir sehen also: „Selbstverleugnung“ bedeutet nicht, sich selbst abzulehnen, zu verdammen oder zu hassen; das sind psychische/seelische Kategorien, die wir sorgfältig von geistlichen Kategorien unterscheiden müssen. Selbstverleugnung als eine geistliche Tugend ist eine realistische und darum heilsame Sicht von sich selbst: So sehr jeder von uns „einmalig“ ist, so sehr ist doch auch jeder von uns „nur“ ein Teil vom Ganzen. Der Versuchung, ein unentbehrlicher Mensch zu sein, widerstehen! (s. Henri Nouwen, „Seelsorge, die aus dem Herzen kommt“)
Die Parallele aus dem Lukasevangelium fügt noch eine weitere Facette hinzu:
„Selbstverleugnung“ bedeutet nicht nur, sich selbst zu relativieren (=in Beziehung zu setzen) und damit den eigenen Absolutheitsanspruch abzulegen – sondern auch alles andere, das einen Absolutheitsanspruch an mich und mein Leben stellt, in die 2. Reihe zu stellen. Zurzeit von Jesus war das die Familie. Sie entschied über alle wesentlichen Fragen des Lebens und hatte in allem den absoluten Vorrang. Jesus selbst spricht seiner Herkunftsfamilie diesen Absolutheitsanspruch ab (Mk. 3,20.21; 31-35). In diesem Sinne ist Selbstverleugnung ein Akt Befreiung – auch aus den Verstrickungen der eigenen Familie: „Nichts gilt mehr als sein Ruf!“ (aus: „Er weckt mich alle Morgen…“ J. Klepper)
- Was hat in meinem Leben „das letzte Wort“? Welchem Wert wird alles nachgeordnet (Sicherheit, Gesundheit, die Meinung der anderen, Wohlstand, Lebensqualität, geliebt werden, Einfluss haben…)? Was ist die Variable, was die Konstante?
Die zwei Backsteine
Es treffen sich zwei Backsteine. Sagt der erste: „Schau mich an! Bin ich nicht wunderschön? Meine Farbe ist von warmen Ziegelrot; meine Oberfläche glatt und doch griffig; alle meinen Kanten laufen in vollkommenden rechten Winkeln zu, das Verhältnis von Länge, Breite und Höhe macht mich zu einem Quader von unübertroffenem Ebenmaß. Ich gehöre in die berühmtesten Museen dieser Welt, hinter Panzerglas und perfekt ausgeleuchtet und auf Samt gebettet. Ich bin der Backstein!“
Sagt der zweite: „Ich bin nichts Besonderes – ein Backstein eben wie hunderttausend andere. Aber ich bin Teil einer Kathedrale!“
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